Hilfreiche Informationen zur automatischen Kennzeichenerkennung (Automated License Plate Recognition, ANPR).
Die automatische Kennzeichenerkennung funktioniert in vier Schritten. Dabei werden Fahrzeuge und Kennzeichen erkannt, die Kennzeichen werden gelesen und Ereignisse werden ausgelöst.
1. Fahrzeugerkennung
Fahrzeuge wie Autos, Lastwagen und Busse werden erkannt und im Videostream verfolgt.
2. Kennzeichenerkennung
Für jedes erkannte Fahrzeug werden die Kennzeichen erkannt und den Fahrzeugen entsprechend zugeordnet.
3. Lesen der Kennzeichen
Für jedes erkannte Kennzeichen wird anschließend eine optische Zeichenerkennung (OCR) angewendet, um das Kennzeichen zu lesen.
4. Ereignis senden
Wenn das Fahrzeug nun eine Counting Line überquert, wird ein Ereignis mit dem Text des erkannten Kennzeichens gesendet.
Die größte Herausforderung bei ANPR-Installationen besteht darin, gut lesbare Kennzeichen zu erfassen. Dafür ist ein scharfes und gut beleuchtetes Bild ohne Verdeckungen oder unscharfe Objekte erforderlich, um korrekte Ergebnisse zu erzielen. Der folgende Leitfaden soll zeigen, wie Sie unsere Technologie für ANPR optimal einrichten und die häufigsten Probleme vermeiden können.
Unser System ist für zwei typische Installationen ausgelegt, die wir hier nachfolgend beschreiben:
Für dieses Setup wird die Kamera in einer Höhe von ca. zwei Metern montiert, möglichst nah an der Seite der Fahrspur, um einen hohen horizontalen Winkel zu vermeiden. Sofern möglich, sollte sichergestellt sein, dass Fahrzeuge in der Spur bleiben, um genaue Ergebnisse für die Kennzeichenerkennung zu erzielen.
Wenn die Kamera über den Fahrzeugen positioniert wird (z.B. an der Ein-/Ausfahrt einer Garage), können maximal zwei Fahrspuren abgedeckt werden.
Damit das System ordnungsgemäß funktioniert, sollten Fahrzeuge gerade durch das Bild fahren, sodass die Kennzeichen in der gesamten Szene sichtbar ist. Die Kamera sollte in einer Höhe von drei Metern angebracht sein und Fahrzeuge direkt von vorne oder hinten gegenüberstehen, um einen hohen horizontalen Winkel zum Kennzeichen zu vermeiden.
Die Kameraeinrichtung kann manchmal knifflig sein und erfordert oftmals etwas Experimentieren mit der Kameraposition sowie den Parameters, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Die folgenden Abschnitte beschreiben häufige Probleme mit Kameras und wie man diese vermeiden kann.
Kennzeichen müssen mit 250 Pixel-per-Meter (PPM) sichtbar sein. Bei europäischen Standardkennzeichen bedeutet dies eine Mindesthöhe von 30 Pixel und eine Mindestbreite von 100 Pixel für die Auflösung, um gute Erkennungsergebnisse zu erzielen.
Für Kameraeinstellungen mit Objektabständen innerhalb der Spezifikation ist eine FullHD-Auflösung (1080p) ausreichend. In einigen Fällen kann es auch hilfreich sein, eine höhere Auflösung (4MP oder 2K) zu wählen, um ein schärferes Bild zu erhalten.
Wir empfehlen, während der Einrichtung die Größe der Kennzeichenausschnitte manuell zu überprüfen.
Kennzeichen müssen aus einem direkten Betrachtungswinkel zu sehen sein. Kleine Winkel (<20° horizontal, <30° vertikal) und eine Neigung von <5° können problemlos verarbeitet werden, während größere Winkel überhaupt nicht funktionieren. Bei größeren Betrachtungswinkeln neigt das System eher dazu, Zeichen zu verwechseln oder Zeichen am Rand nicht zu erkennen.
Für Kamerapositionen von der Seite wird empfohlen, maximal eine Fahrspur zu analysieren, während bei Kameraperspektiven von oben auch zwei Fahrspuren betrachtet werden können.
Die Beleuchtung der jeweiligen Szenen hat zwei wesentliche Auswirkungen.
Mit guter Beleuchtung kann eine niedrige Verschlusszeit gewählt werde und die Bilder werden weniger verwischt, das gilt insbesondere für schnell fahrende Fahrzeuge.
Eine gute Beleuchtung reduziert den ISO-Wert der Kamera, in der Folge erscheinen die Bilder weniger körnig und dafür schärfer.
Einige Kameras bieten zusätzliche Beleuchtungsmöglichkeiten, die nützlich sein können. Wenn das Kameralicht nicht ausreicht, ist eine externe Beleuchtung der Szene erforderlich.
Die digitale Rauschunterdrückung (DNR) sollte auf einen geringen Wert eingestellt sein, um Körnigkeit zu reduzieren.
Eine niedrige Verschlusszeit ist wichtig für sich bewegende Objekte, um ein scharfes Bild zu erhalten und gleichzeitig Unschärfe durch Bewegung zu vermeiden. Während im Allgemeinen schneller meist besser ist, hängt die gewählte Verschlusszeit von der Beleuchtung in der Szene ab.
Abhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit ist eine Verschlusszeit von 1/250 das absolute Minimum für dich bewegende Objekte unter 15 km/h. Für schnellere Fahrzeuge bis zu 40 km/h ist eine Verschlusszeit von 1/500 eine gute Wahl. Für schnellere Objekte empfehlen wir entsprechend eine noch niedrigere Verschlusszeit, die allerdings nur bei sehr guter Beleuchtung funktioniert.
Für Installationen mit unserer P101 supporten wir ANPR bis zu einer Geschwindigkeit von maximal 15 km/h.
Für die Übertragung des Kamerabildes wird eine Codierung verwendet. Unterschiedliche Codierungen können Daten sparen und die Bildqualität reduzieren. Wie wir wissen, ist für die Anwendung von ANPR allerdings eine hohe Bildqualität erforderlich. Wählen Sie deswegen den H.264-Codec und eine hohe Bitrate von >6000kbps für FullHD-Inhalte (1080p), sowie eine Bitrate von >8000kbps für 4MP-Videomaterial mit 25 fps aus.
Zusätzliche Funktionen wie BLC und WDR empfehlen wir nicht, da die Nachbearbeitung Details reduzieren kann. Wenn diese Funktionen dennoch erforderlich sind, sollte der Einfluss auf die Videoqualität überprüft werden.
Eine konstante Bitrate (CBR) führt normalerweise zu einer besseren Qualität als eine variable Bitrate (VBR).
Bei der Kameraeinrichtung empfehlen wir, einige kurze Testvideos mit verschiedenen Beleuchtungsbedingungen (morgens, mittags, abends, nachts) aufzunehmen, um zu überprüfen, ob Kennzeichen unter allen Bedingungen deutlich sichtbar sind.
Eine Hilfestellung: Wenn Kennzeichen für das menschliche Auge nicht erkennbar sind, kann das ANPR-Feature die Kennzeichen auch nicht erkennen. Stellen Sie demnach sicher, dass Sie gute und klare Kameraaufnahmen für beste Ergebnisse erhalten.
Eine geeignete Position des Event-Triggers (Counting Line) ist entscheidend für gute ANPR-Ergebnisse. Wenn die Linie zu weit hinten positioniert ist, hat das Modell nicht ausreichend Zeit, das Nummernschild zu erkennen und zu identifizieren, bevor ein Event gesendet wird. Wenn sich die Counting Line an einer Position befindet, an der das Kennzeichen nur aus einem suboptimalen Winkel sichtbar ist, werden die Ergebnisse entsprechend ungenau ausfallen.
Um die optimale Position der Counting Line identifizieren zu können, ist ein kurzes Debug-Video der Szene mit drei bis fünf Fahrzeugen sehr hilfreich. Bei der Analyse dieses Videos sollte das Fahrzeug durch den optimalen Ausschnitt mit der bestmöglichen Sicht auf das Kennzeichen verfolgt werden (siehe Beispiel 6). Sobald die Sicht auf das Kennzeichen schlechter wird (Beispiel 7), sollte die Counting Line direkt hinter der Mitte des Fahrzeugs positioniert werden.
Auf diese Weise ist garantiert, dass das System die besten Videoausschnitte nutzen kann, um das Nummernschild zu erkennen sowie zu identifizieren und das Event so noch vor der Verschlechterung der Sicht zu senden.
Unser ANPR-Feature wurde gründlich und unter zahlreichen Bedingungen getestet. In unserer Testumgebung verfügen wir über ca. fünf verschiedene Szenen und die Genauigkeiten werden auf der Grundlage von mehr als 800 Fahrzeugen mit europäischen Kennzeichen berechnet. Mit der Gesamtgenauigkeit meinen wir den Prozentsatz korrekt identifizierter Fahrzeuge und Kennzeichen im Vergleich zu allen Fahrzeugen mit lesbaren Kennzeichen.
Unter den angegebenen Bedingungen erreicht unsere Technologie >95% Gesamtgenauigkeit in Umgebungen mit langsam fahrenden Fahrzeugen sowie >90% Gesamtgenauigkeit bei schnell fahrenden Fahrzeugen.
Für eine Analyse von potentiellen Fehlern, beachten Sie bitte die nachfolgend beschriebenen Limitationen.
Eine der grundlegenden Limitationen, die nicht gelöst werden kann, ist die grundsätzliche Lesbarkeit von Nummernschildern. Das heißt, Nummernschilder, die beispielsweise durch Hindernisse verdeckt oder von Dreck, Staub oder Schnee bedeckt sind. Gleiches gilt auch für falsch montierte Kennzeichen. Umweltbedingungen wie Starkregen oder dichter Schneefall können ebenfalls eine Limitation darstellen und so zu ungenauen Ergebnissen führen.
Es gibt einige grundsätzliche Einschränkungen, bei denen das System einfach keine guten Ergebnisse liefern kann. Diese versuchen wir nachfolgend zu erläutern, bzw. zu erklären, wie diese Einschränkungen vermieden werden können.
1. Beleuchtung
Derzeit unterstützt unser System nur gut ausgeleuchtete Szenen, insbesondere tagsüber, oder wenn Nachtszenen sehr gut ausgeleuchtet und Nummernschilder klar erkennbar sind.
2. Einzeilige Kennzeichen
Zweizeilige Kennzeichen, wie sie oft bei Motorrädern zu sehen sind, werden nicht unterstützt und können demnach nicht erkannt werden.
3. Europäische Kennzeichen
Unsere Technologie ist für Standard-EU-Kennzeichen ausgelegt. Es kann durchaus sein, dass unser Modell auch Nummernschilder aus Ländern außerhalb der EU erkennt, allerdings garantieren wir dies nicht.
Innerhalb der ANPR-Technologie kann es zu den folgenden vier Fehlertypen kommen:
Kein Fahrzeug wird erkennt (<1% Fehlerquote)
Kein Kennzeichen wird erkannt (<0,1% Fehlerquote)
Es wird ein Event gesendet, ohne dass ein Fahrzeug die Kamera passiert (<0,1% Fehlerquote)
Kennzeichen wird falsch erkannt (<5-10% Fehlerquote, abhängig vom Szenario)
Das OCR-System identifiziert Zeichen für Zeichen. In den meisten Fehlerfällen handelt es sich um einzelnes Zeichen, dass falsch gelesen oder übersehen wurde. In einigen Ländern sehen sich verschiedene Nummernschildzeichen zum Verwechseln ähnlich - oder sind sogar identisch - und dadurch kann es entsprechend zu Verwechslungen kommen, so etwa:
B
und 8
D
and 0
0
and O
I
and 1
5
and S
Die beste Option, um diese Verwechslungen zu vermeiden, besteht darin, eine klare Frontansicht auf die Nummernschilder bei der Konfiguration zu erhalten. Für Systeme, die einfahrende sowie ausfahrende Kennzeichen abgleichen müssen, könnte es von Vorteil sein, sie mit einer unscharfen Suche abzugleichen, die Verwechslungen und doppelte Zeichen berücksichtigt. Beispiel: Das System könnte dann immer noch Kennzeichen wie S123A0
undSI23AO
abgleichen, auch wenn das zweite Event am selben oder folgenden Tag stattfindet.
Wurden alle Empfehlungen für das Setup umgesetzt und die Kamerakonfiguration ist dennoch nicht zufriedenstellend, gibt es noch externe Verbesserungsmöglichkeiten, die vorgenommen werden können. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn sie kombiniert werden:
Wenn möglich, sollten die Fahrzeuge im Bereich der ANPR-Szene langsamer fahren, sodass mehr Zeit zum Erkennen und Identifizieren der Kennzeichen bleibt.
Reduzieren Sie den Abstand zwischen Fahrzeug und Kamera, z.B. durch einspuriges Einfahren auf den Parkplatz.
Verwenden Sie bei Möglichkeit den Kamerazoom, um auf den Bereich mit der besten Sicht auf die Kennzeichen zu fokussieren. Dies kann ebenfalls bei einer geringen Videoauflösung helfen.
Sollte die Leistung unseres Systems ein Problem darstellen (etwa durch eine zu geringe Bildrate), kann es helfen, bei der Kamerakonfiguration unnötige Bildbereiche zu maskieren, bzw. auszublenden. Dadurch wird der Fokus des Systems auf den Bereich gelegt, der relevant für ANPR ist.